3. Etappe: Estella - Navarrete
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Donnerstag, den 13. Mai 2010 - 82 Kilometer
I did it! Erste Nacht im Refugio und erst noch gut geschlafen! Heute muss ich beweisen, dass ich 70 Kilometer am Tag fahren kann; ich will bis Logrono kommen. Das Wetter bleibt unverändert, bewölkt und kalt bei 10 Grad.
09:09
Kleiner Zwischenhalt. Es ist schon so, als Radpilger fühlt man sich von der Gemeinschaft der Fusspilger etwas ausgeschlossen. Man macht es eben auf die Schnelle. Und dann trifft man auch weniger Menschen auf der Strasse.
Ich bin überrascht, wie viele Pilger schon ganz am Anfang des Caminos anzutreffen sind. Der Anblick dieser kleinen Menschlein auf diesem so grossen Weg rührt mich einfach ungemein. Was für eine Metapher für das richtige Leben. Ausgesetzt den Kräften der Natur und doch irgendwie getragen durch die Gemeinschaft der Pilger.
Dieser Weg hat etwas Feminines, ich weiss nur noch nicht auf welche Weise. Über meinem Bett im Refugio hing ein übergrosses Bild von der Muttergottes Maria. Vielleicht hat es etwas mit dem zu tun. Was treibt all diese Pilger auf den Weg? Es regnet leicht und es ist kalt.
Nach weiteren 10 Kilometern Fahrt durch die nasskalte Landschaft weiss ich es; Dieser Weg ist wie eine Mutter, streng fordernd und gleichzeitig unendlich gütig. Ich muss an meine Mutter denken.
10:00
Es ist endlich ruhig in mir. Ich fahre in einem sanftem Auf und Ab Logrono entgegen. Es regnet und ist stark bewölkt, zweitweise drückt die Sonne durch. Ich bin auf dem rechten Weg.
Heute haben mich zwei holländische Grossväter mit leichtem Tritt überholt. Beide bestimmt schon über 65 Jahre alt. Sie haben den ganzen Weg von Holland mit dem Bike gemacht.
Ich frage mich, ob ich den Weg auch nochmals zu Fuss machen werde. Wahrscheinlich ist die Magie aber vorbei, wenn man den Weg schon mal gefahren ist. Ich hatte heute so eine Eingebung, dass dies mein letzter Weg ist. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll.
18.27
Was für ein Tag! Ich bin in Navarrete angekommen. Ich bin in einer Bar und rauche eine "Flor das Selva" und trinke ein Bierchen. Irgendwie hätte ich noch Lust auf ein bisschen Kommunikation, es ist aber keine interessante Begegnung in Sicht. Den ganzen Tag über hat es geregnet und war kalt. Das war hartes Brot. Und wieder logiere ich in einem Refugio. Dieses ist aber wirklich eines der übleren Sorte. Zuerst muss ich mit meiner ganzen Bagage vier Stockwerke hoch nur um einer der letzten Plätze in einem völlig überfüllten Dachzimmer zu ergattern. Je eine Toilette für Männer und Frauen für sicher über 150 Personen. Zu allem Überdruss knutscht sich neben mir noch ein Liebespärchen die Lippen wund! Nicht dass ich selber Lust dazu hätte; der Camino hat nun wirklich nichts Erotisches an sich. Ich bin müde, stinke und ich habe Platzangst! Obwohl ich eine Dusche dringend nötig hätte, bringe ich dich Kraft einfach nicht mehr auf, drei Stockwerke abzusteigen mit der Aussicht, unter einem kalten Strahl zu duschen.
Gute Nacht ihr Lieben
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Höhenprofil der Etappen 3-5
